Adam J. Henckel zum 60. Todestag

Wenige unter uns sind sich bewußt, daß sich jüngst am 25. September zum sechzigsten Male der Todestag eines der am meisten unterschätzten Denker des zwanzigsten Jahrhunderts jährt. Von keinem Geringeren als Adam J. Henckel ist die Rede.

Biographie

1884-02-26
Adam Henckel wird in Hildesheim als Sohn von Josef, Maschinenschlosser, und Gertrude Henckel geboren.
1890-09-11
Vater Josef Henckel stirbt bei einem Arbeitsunfall.1
1890-1897
Adam Henckel besucht die Volksschule in Hildesheim. Der Kontakt mit Mathematik ist ihm verhaßt2
1899
Er verläßt das Elternhaus und wohnt bis zum Kriegsausbruch in einer winzigen Bude in Hildesheim3 .
1914-1918
Trotz seiner pazifistischen Gesinnung meldet er sich freiwillig zum Kriegsdienst4 .
1921-1933
Er zieht nach Wiesbaden, um dort in der Kanzlei seines Stiefonkels als Bürogehilfe zu arbeiten. Aus dieser Zeit stammen seine beiden Veröffentlichungen sowie der Gedichtzyklus Flankiere und der historische Roman Ritter Oeconomicus.
1933
Der Ausbruch des Dritten Reichs spiegelte sich nur spärlich in Adam J. Henckels Werken wider; zu sehr hatte er sich bereits in seine Gedankenwelt zurückgezogen5 .
1940-09-25
Adam Jupiter Henckel stirbt im Alter von 56 Jahren an Tuberkulose. Er hinterläßt über 100 unveröffentlichte Werke.

Werke

Adam J. Henckel veröffentlichte bis zu seinem Tode nur zwei Werke; über hundert wurden abgelehnt.
Die Landpartie (1912)6
Eine gefällige Erzählung über einen Ausflug aufs Land. Umstritten ist, ob die Bestürzung über diesen kommerziellen Erfolg die neunjährige Schreibpause auslöste.
eigens (1927)
Ein Gedicht über die Schwierigkeit, sich auf das Leben einzulassen. Veröffentlicht in "Hebers Gedichtreihe", Ausgabe 4.

Ausschnitte aus Unveröffentlichtem

Die wahren Perlen im Oeuvre dieses introvertierten Genies finden sich in den unveröffentlichten Werken. An dieser Stelle verteile ich nur ein paar Appetithäppchen; der interessierte Leser sei auf die kritische Gesamtausgabe 7 verwiesen.

die fichte berühren (1923)

die fichte berühren
heiliges harz
wie: zimt.

Zabrock und Zabrocka (1911)

[Zabrock] hub nunmehr an, die Futtergerste mit dem Degenknauf zu mörsern; das Guffen des müden Metalls, das unwiderbittliche Erächzen des Korns, die Oscillationen des wurmstichigen Tisches wie von Drachen getragenes Espenlaub, (...) all das mochte nicht die weite Ebene und den Schweiß der Gerstenbauern zu übertragen in die gute Stube.
Ein paar Seiten weiter heißt es
Brot halten, wie die Vorväter einst Brot in ihren nur vom Blätterdach des Waldes beschatteten Händen hielten, und wie nun das Volk des Berges in seinen Stollen aus Stein nicht die Sonne noch den Mond erblickt, so sah Damian aus Augen, die Wolle kannten ohne Schafe zu wissen, auf sein karges Mahl.

mitternacht (1933)

Seht den Turm.
ma ma ma
Im Dunkeln wie ein Pistill
Der Turm
ma ma ma
Mäuse
Der T..

Fußnoten

  1. Adam Henckel verarbeitete dieses traumatische Erlebnis in seinem Drama "Laub und Traum" (zurück)
  2. Umstritten ist, ob die Verse
    ich sense
    ich sen-se
    in seinem Gedicht bald(1923) eine Anspielung auf seinen verhaßten Lehrer darstellen. (zurück)
  3. Der tägliche Krieg mit seiner Vermieterin, Frau Olschewski, wird in Zabrock und Zabrocka(1911) verarbeitet. Es ist auch das erste Werk, das er mit "Jupiter" signierte; seitdem nennt er sich Adam J. Henckel. (zurück)
  4. Die Beweggründe für diesen Entschluß liegen weitgehend im Dunkeln, da zwischen 1912 und 1921 von ihm lediglich ein Brief an seine Mutter erhalten ist. In ihm heißt es
    Man schickt mich aus, die Karten zu holen.
    was verschiedentlich als Zeichen dafür gedeutet wurde, daß er die Beendigung des Krieges als seine persönliche Mission betrachtete. (zurück)
  5. Sein Herbstgedicht braun&grau&Co. deutet darauf hin, wenn es heißt (Verse 3-5)
    matsch auf stiefel
    braun
    wessen das alles
    (zurück)
  6. In: Das Land, Zeitschrift für Hannover, Heft 3, Hannover, 1912 (zurück)
  7. Adam Jupiter Henckel, Werke, Verlagsges. Heber&Co., Augsburg, Aichach, 1980 (zurück)